Pressmitteilung der Landes-ASten-Konferenz: Bundesunterstützung für die Studierenden in der Corona-Krise mangelhaft!
In der parlamentarischen Sommerpause stellen die hessischen Studierendenvertreter*in-nen der Bundesregierung ein mangelhaftes Zeugnis aus: Die im Juni angelaufene Überbrü-ckungshilfe für Studierende sollte die Studierenden in der Corona-Krise unterstützen, finan-ziellen Sorgen mindern und die Bildungschancengleichheit stabilisieren. Aber die Landes-ASten-Konferenz Hessen (LAK) muss nach einem Monat Laufzeit und zum Ende der Vorle-sungszeit feststellen: die Hilfe wird systematisch verhindert und Studienabbrüche werden blind in Kauf genommen. Es drohe eine Verstetigung bis hin zum Rückfall in klassistische Bildungsstrukturen.
Alleine in Hessen wurden über ein Drittel aller Anträge von Studierenden zur Soforthilfe abgelehnt. Für Laura Elmer vom AStA Marburg ist klar, dass die fehlende Durchsichtigkeit ein Grund für die hohen Ablehnungsqouten ist: „Das System ist zu bürokratisch und keine echte Soforthilfe! Nach einem zu späten und mit langen Wartezeiten versehenen Start wer-den zu viele Unterlagen gefordert und intransparent bearbeitet. Bei manchen Anträgen wer-den Nachforderungen zu Unterlagen angestellt, während andere einfach abgelehnt werden. Nicht nur internationale Studierende bleiben in dem Prozedere hilflos auf der Strecke. Dies zeigt wie undurchsichtig das Vergabesystem ist.“
Selina Kraft Referentin für Sozial- und Förderberatung im AStA der Hochschule RheinMain betont: „Bereits zur Verkündigung der Soforthilfe äußerten die studentischen Vertreter*in-nen Bedenken, dass die Zuschusslösung nicht die regulären Lebensunterhaltungskosten ab-deckt. Stattdessen hätte der Ausnahmezustand genutzt werden sollen um das BAföG anzu-passen und für mehr Empfänger*innen niedrigschwellig zu öffnen. Für diese Lösung werden wir weiterhin kämpfen!“ Gleichzeitig fallen jetzt an den Hochschulen die Semestergebühren für das kommende Wintersemester als Zusatzbelastung an. Dies führe zu einer akuten Not-lage, die fahrlässig durch die mangelhaften KfW-Kredit und Zuschussangebote herbeige-führt wurde. Sarah Müller, Referentin für Sozial- und Förderberatung beim AstA der Hoch-schule RheinMain führt aus: „Wir werden vermehrt mit Fällen konfrontiert, in denen Stu-dierende ihr Studium abbrechen, weil sie die Kosten für Lebensunterhalt und Studium nicht mehr stemmen können. Das ist für Studierende ohne wohlhabende Eltern enorm ungerecht und das können wir so nicht akzeptieren!“
Anja Karliczek (CDU, Bundesministerin für Bildung und Forschung) zeigt sich uneinsichtig. Laut der Bildungsministerin liege die Ablehnungsquote daran, dass viele Studierende den Antrag zurückgezogen hätten, da sie das Geld nicht mehr bräuchten. Kyra Beninga, Vorsit-zende des Allgemeinen Studierendenausschusses der Goethe-Universität Frankfurt am Main schüttelt zu dieser Einschätzung nur den Kopf: „In einer Stadt wie Frankfurt, wo die Mieten sowieso schon sehr hoch sind, müssen die Studierenden der Goethe Universität bis Ende August einen Semesterbeitrag von 369,89€ bezahlen, um weiter studieren zu können. Selbst wenn ein Nothilfe Antrag bewilligt wird, sind die maximal 500€ zusätzlich auf dem Konto viel zu wenig.“ Auch andere Standorte sind betroffen, im Grunde reicht es für die wenigsten Studierenden in Hessen. Aus der 21. Sozialerhebung des Deutschen Studenten-werks geht hervor, dass die Lebenserhaltungskosten von Studierenden ca. 867 € betragen.
Die Überbrückungshilfe entpuppt sich für die Studierendenvertreter*innen als befürchtete Farce. Luca Savastano vom AStA der Technischen Hochschule Mittelhessen resümiert mit klaren Forderungen an alle Beteiligten: „Es muss endlich eine finanzielle Unterstützung ge-ben, die nicht auf die Verschuldung der Studierenden hinausläuft. Dazu müssen Unterlagen nachgereicht werden dürfen, ohne dass man erst wieder im nächsten Monat einen komplett neuen Antrag stellen muss. Und, wenn der Bund nicht handelt, muss das Land Hessen wie-der aktiver werden. Die Verlängerung der Regelstudienzeit in Hessen und die Aufstockung des Zuschussprogramms waren wichtige Schritte. Aber zusammen mit den Hochschulen müssen wir uns dafür einsetzen, dass Säumnisgebühren an den Hochschulen flächende-ckend ausgesetzt werden und der Semesterbeitrag fürs Wintersemester gestrichen, zumin-dest aber später, teils in Raten gezahlt werden kann – nur so schaffen wir zusammen mit einer langfristigen Öffnung des BAföG Bildungschancengleichheit und Stabilität für die Viertelmillionen Studierenden in Hessen!“
Ergänzung vom 12.08.: Solifonds Gießen – ihr seid nicht alleine, trotz BMBF-Abweisung!
Die Justus-Liebig-Universität hat „angesichts der zahlreichen Ablehnungen von Anträgen auf Zuschüsse“ begrüßenswerter Weise mit der Einrichtung eines Spendenkontos für den Solifond e.V., einem studentisch geführten Finanzierungs-Förderverein für unschuldig in Not geratene Studierende, reagiert. Der AStA der JLU Gießen dankt allen Spender*innen, die in den letzten zwei Wochen und zukünftig der JLU das Vertrauen gegeben haben und werden! Darüber hinaus dankt der AStA den hilfsbereiten Langzeitförder*innen, die in Monaten davor dem Solifonds durch die persönliche finanzielle Eigenbeteiligung dazu beigetragen haben Studiumsabbrüche zu verhindern. Der AStA dankt den Studierenden, die über den Semesterbeitrag einen großen Anteil daran haben, dass wir in Gießen eine lokale solidarische Struktur unterstützen können. Eine Struktur, die in der Coronakrise ein Mal mehr als Bollwerk gegen den leider immer noch verbreiteten (Finanz-) Klassismus wirkt und ein weiteres Mal die Wichtigkeit des studentischen Engagements und Machbarkeit der studentischen Ermöglichung eines Studiums für Viele gezeigt hat!
Studierenden, die aktuell weiterhin mit den Lebensunterhaltungskosten und der Studiumsfinanzierung struggeln, können noch bis Ende diesen Monats Anträge beim Studentenwerk auf Zuschüsse bis zu 500 € stellen. Die Anträge müssen über https://www.überbrückungshilfe-studierende.de/ eingereicht werden und ihr müsst nachweisen können, dass ihr während der Coronapandemie eure Haupteinkunftsquelle, wie einen Nebenjob, verloren habt. Ihr seid nicht alleine in der Krise! Sollten eure Anträge abgelehnt werden, wie ca. 34 % aller Anträge in Hessen, könnt ihr euch gerne an den Solifonds wenden um Unterstützung zu erlangen – der Solifonds kann, dank Spendenbereitschaft und des Solidarsystems der Studierendenschaften, weiterhin Studierende in Not fördern!
Weitere Infos zum Solifonds findet ihr hier: https://solifonds-giessen.de/
Weitere Infos zum Spendenkonto unter: https://www.uni-giessen.de/ueber-uns/pressestelle/pm/119-20coronafondsstudierende
Für die Nebenjobsuche, Bewerbungscoaching, Berufsorientierung, Workshops, Stellensuche könnt ihr euch an die Beratung des Hochschulteams der Agentur für Arbeit in Gießen wenden unter www.ht.berufundkarriereseite.de.