Solidarität braucht ein klares Rahmengerüst: Systematische Probleme bleiben eine Woche nach dem Start ins digitale Sommersemester bestehen!
Anfang der letzten der Woche war der Frust gewaltig unter den Studierenden an der Justus-Liebig-Universität Gießen, da die Lernplattformen über das Internet nicht zu aufgerufen werden konnten. Die Ladezeiten für den Zugriff auf die hauseigene Videostreamingplattform ILIAS betrug am vergangenen Montag zeitweise über 15 Minuten, sofern die Server überhaupt erreichbar waren. Der Unmut darüber und die Sorgen, dass dieses Sommersemester ein Reinfall werden würde, waren gewaltig. Trotz erster technischer Nachbesserung seien nicht alle Probleme behoben. Auch sonst scheint dieses Semester für die Studierenden eine Mehrbelastung darzustellen. Obwohl viele Dozierende und Lehrende viel Mühe und Vorbereitung in ihre Veranstaltung investiert haben, gibt es Schwierigkeiten bei der Umsetzung. Hierbei offenbarten sich die Versäumnisse der letzten Jahre seitens der Universität und des Landes ausreichend und breitflächig in entsprechende eLearning Weiterbildungen und technische Infrastruktur investiert zu haben. Schließlich könne ein rein digitales Semester die Präsenzsemester nicht ersetzen. Warum dies so ist zeigen aktuell anschaulich Veranstaltungen in denen lediglich die Vorlesungsfolien ohne jegliche audiovisuelle Begleitung hochgeladen werden. Deshalb fordert der AStA, dass alle Prüfungen in diesem Semester als Freiversuche zu werten sind und die Regelstudienzeit pauschal um ein Semester verlängert wird. Nachdem die Universität die Verantwortlichkeit für eine einheitliche Ausgestaltung von sich auf die einzelnen Professor*innen abgeladen hatte, muss die JLU jetzt hier einheitliche Rahmenbedingungen schaffen.
Im Interesse der Studierenden, die unterschiedlich ausreichenden Zugang zu PCs und leistungsstarkem Internet hätten, hält der AStA weiterhin an der Forderung fest, dass die Möglichkeit der asynchronen Onlinelehre, sprich diese in größten Teilen zeitversetzt zu schauen, erhalten bleiben müsse. Der AStA spricht sich dabei ausdrücklich für eine einfühlsame zeitlich-entzerrte Verteilung der Lehrinhalte in den Online-Vorlesungen und Seminaren aus. Denn die enge Taktung am Bildschirm würde bei vielen Studierenden schneller als in den Präsenzvorlesungen zu einer Aufnahmemüdigkeit führen. Darüber hinaus fehle den Studierenden der direkte Austausch, sowohl in den Seminaren, die teilweise alleinig durch Lesehausaufgaben ersetzt worden sind, als auch mit den Kommiliton*innen. Neben den Hinweis auf durch die JLU bereitgestellte Streamingsoftware für die Dozierenden, verweist der AStA hierbei erneut auf die einschlägigen psychologischen Beratungsangebote um die Folgen einer sozialen Isolation zu mindern. Zu guter Letzt bedauert der AStA, dass in der Frage der finanziellen Absicherung der Studierenden, die aktuell unschuldig in eine prekäre Situation geraten sind, ein starkes Unterstützungsmechanismus seitens der politischen Verantwortlichen noch 5 Wochen weiterhin fehle. Das Glücksspiel des Landes Hessens und der Studentenwerke letzte Woche Mittwoch in Form eines 295.000 € schwachen Soforthilfefonds reichte nicht aus um ca. jede*n dritte*n Studierende*n, der*die auf ihren Nebenjob angewiesen ist, finanziell abzufangen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung müsse beim BAföG auf die in den letzten Jahren nicht verausgabten 900 Mio. € zurückgreifen und das BAföG als Überbrückungszuschuss für eine deutlich größere Empfänger*innenschaft sofort öffnen.
Die beschriebenen Probleme träfen nicht alle Studierenden gleich hart, jedoch müsse die Maxime eines Solidarsemesters weiterhin seien, dass allen Studierenden gleichermaßen keine Nachteile entstünden – der AStA wird das Fortschreiten im Senat kommenden Mittwoch und auf weiteren Ebenen, z.B. bei den kommenden Prüfungen, die Freiversuche sein müssten, weiterhin aktiv und kritisch begleiten.